Julia Bentz
Event Enthusiastin
Vor knapp zwei Jahren standen wir vor der Herausforderung, eine zweitägige Convention innerhalb weniger Wochen in eine rein virtuelle Veranstaltung umzugestalten. Wir stellten schnell fest, dass wirklich jedes Event erfolgreich virtuell umgesetzt werden kann – wenn man unbegrenzte Ressourcen dafür einsetzen möchte. Es gibt inzwischen auch eine Vielzahl von Dienstleistern und Plattformen, die Rundum-Sorglos-Pakete anbieten. Für uns war jedoch schnell klar: Das passt nicht zu uns und der hallo.digital Convention. Also wechselten wir nicht nur die Location von Karlsruhe in die virtuelle Welt, sondern auch den Fokus unserer Convention 2020. Wir wollten möglichst vielen Teilnehmer:innen im ganzen deutschsprachigen Raum die Chance geben, digitales Wissen, Tipps und Tricks direkt aus der Praxis mitzunehmen. Wir öffneten das Event für alle und konnten dank großartiger Sponsoren die virtuelle Convention kostenlos für alle anbieten. Dafür habe ich mich viel damit beschäftigt, Regie bei virtuellen Events zu führen und möchte meine Erfahrungen gerne in diesem Beitrag mit Dir teilen.
Inzwischen haben wir einige virtuelle Events auf die Beine stellen können und sind uns sicher: Ein virtuelles Event steht und fällt mit den Inhalten, einem reibungslosen Ablauf und vor allem den Menschen hinter den Bildschirmen. Es muss nicht unbedingt die teuerste Technik zum Einsatz kommen, um den Teilnehmer:innen ein tolles Erlebnis zu bieten.
In unserem Leitfaden „Virtuelle Events planen und umsetzen“ haben wir bereits alle wichtigen Grundvoraussetzungen und Planungsabläufe eines virtuellen Events erklärt. In diesem Beitrag gehe ich heute einen Schritt weiter und werde besonders auf die Regie und die konkrete Umsetzung im Tool eingehen.
Das Streamingstudio
Das Event kannst Du quasi von überall aus streamen. Der Raum, in dem gestreamt wird, sollte auf jeden Fall ruhig und ungestört sein. Wenn Du ein eigenes Streamingstudio zur Verfügung hast, ist das natürlich super. Aber Du kannst mit Vorausplanung und einem sorgfältigen Testlauf quasi jeden Ort mit guter Internetverbindung zum Streamingstudio machen. Aus der Erfahrung unserer Events heraus, hast Du folgende Möglichkeiten den Stream zu gestalten:
- Studio-Atmosphäre: Mit einer externen Kamera (z.B. eine Video- oder Spiegelreflexkamera) und einem externen Mikrofon (z.B. Hand-, Stand- oder Funkmikro) kannst Du in wenigen Schritten ein professionelles Setting erzeugen
- Videokonferenz-Atmosphäre: Durch die Nutzung einer integrierten Laptop-Webcam und -Mikrofons entsteht eine ganz nahbare Atmosphäre, die einem Video-Call mit Kolleg:innen ähnelt.
Beide Varianten haben ihre Vorteile und werden einen eigenen Charme für Dein virtuelles Event mit sich bringen. Entscheide individuell für Dich oder probiere beides einmal aus.
Egal, für welchen Studioaufbau Du dich am Ende entscheidest, eine Sache solltest Du auf jeden Fall im Voraus gründlich testen: die Internetverbindung. Gerade für virtuelle Events empfiehlt es sich zudem, eine Fallback-Lösung vorzubereiten, sollte es zu Problemen beim eigenen Internetanbieter kommen. Wir haben zum Beispiel eine zweite Internetverbindung für den Eventtag einrichten lassen – die wir zum Glück nicht gebraucht haben. Aber Du kennst das vermutlich, wenn so etwas nicht vorbereitet wird, ist das genau der Punkt, an dem es hakt.
Im Vorfeld für Ruhe sorgen
Wenn Du das Event vom Büro aus streamst und andere Menschen vor Ort sind, empfehle ich Dir, im Vorfeld alle Anwesenden zu sensibilisieren. Um sicherzustellen, dass es keine störenden Zwischenfälle gibt, ist viel Kommunikation, aber auch ein paar Handgriffe am Tag selbst nötig. Erinnere alle am besten mehrfach daran, leite die Telefone aufs Handy um und hänge am Eventtag zusätzlich Schilder auf.
Das Setup
Der Hintergrund im Stream trägt maßgeblich zur Atmosphäre eines Events bei. Mit einem Greenscreen kannst Du den Hintergrund beispielsweise sehr flexibel gestalten. Aber auch mit Bannern, Roll-Ups oder einer schönen Wand kann ein stimmungsvoller Hintergrund geschaffen werden. Wichtig ist hierbei besonders die optimale Ausleuchtung, im Idealfall ein natürliches oder warmes, indirektes Licht von vorne. Vermeide eine Lichtquelle oder gar ein Fenster im Hintergrund der Person.
Sorgfältiger Testdurchlauf mit allen Beteiligten
Falls nicht alle Speaker:innen an einem Aufnahmeort zusammenkommen können, wie es bei der hallo.digital Convention 2020 der Fall war, bietet sich die einfache Zuschaltung über einen Laptop an. In diesem Fall ist es genauso wichtig, die Internetverbindung zu testen und die Umgebung und das Licht optimal zu wählen. Ich empfehle Dir, den Test zeitnah zum Event und unter möglichst realen Bedingungen durchzuführen. Also in der tatsächlichen Umgebung, mit der genutzten Hardware, also dem Laptop, der Kamera und dem Mikro im relevanten WLAN zu testen. So können technische Probleme bereits vorab identifiziert und bis zum Event gelöst werden.
In der Regie läuft alles zusammen
Die Person, die die Regie am Eventtag übernimmt, hat alle wichtigen Fäden in der Hand. Sie steuert den Ablauf, springt im Notfall ein und sollte immer im Austausch mit den Beteiligten und den Community Managern sein. Ich empfehle Dir, die Regie nach Möglichkeit immer in einem Raum mit der Moderator:in zu packen – damit im Fall der Fälle der direkte Kommunikationsweg genutzt werden kann. Die Regie dirigiert im Hintergrund das Programm und die Speaker:innen, behält die Zeit im Blick und bündelt alle Informationen, die durch Blickkontakt oder in den Pausen mit der Moderator:in weitergegeben werden. Auch der Kontakt zu den Community und Social Media Manager:innen sollte über einen vorab definierten Kommunikationskanal gesichert sein, um auf Rückfragen reagieren und wichtige Informationen weitergeben zu können. Wir nutzen dafür zum Beispiel Slack oder auch mal WhatsApp.
Der Ablauf am Eventtag
Wir haben uns bereits für unsere erste virtuelle Convention 2020 für die All-in-One-Plattform Hopin entschieden und können mittlerweile auf 5 virtuelle Events zurückblicken, die wir mit Hopin umgesetzt haben. Im Gegensatz zu herkömmlichen Webinartools ermöglicht es Hopin, sich auf der Plattform und damit auf dem Event selbst, zu bewegen. Es gibt die Möglichkeit unterschiedliche Bereiche einzubinden, mit der das Event vielfältiger und interaktiver gestaltet werden kann. Aber egal für welche Plattform Du dich entscheidest, die Rolle der Regie bleibt immer sehr ähnlich.
Speaker:innen und Moderator:innen vorbereiten
Als Regie drückst Du den ersten und letzten Knopf der Veranstaltung. Du startest den Livestream (je nach Plattform funktioniert das unterschiedlich), lässt die Slides für die Pausen laufen und holst Moderator:innen und Speaker:innen in den Backstagebereich und auf die Bühne. Du behältst das Programm im Auge und bist im stetigen Austausch mit allen Beteiligten. Hier habe ich den Ablauf in einem Stream und woran die Regie alles denken muss, einmal aufgelistet:
- Stream starten mit Pausenpräsentation
- Moderator:in in den Backstagebereich holen
- Moderator:in auf die Bühne holen
- Speaker:in im Backstagebereich begrüßen
- Speaker:in auf die Bühne schicken
- Im Chat und mit den Community Managern checken, dass alles rund läuft
- Nach dem Vortrag den Stream und die Teilnehmer:innen in die Pause schicken
- Am Ende der Pause wieder alles starten und Ablauf wiederholen, bis das Programm durch ist
Networking und Austausch mit anderen Teilnehmer:innen
Sicher einer der Punkte, der sich mit am meisten von physischen Events unterscheidet und virtuell eine wirkliche Herausforderung ist: das Netzwerken. Hopin bietet eine Art virtuelles Speednetworking an, bei dem man zufällig einer Person zugewiesen wird und mit der man anschließend 3 Minuten Zeit hat, sich auszutauschen und nachhaltig zu connecten. Allerdings sind unsere Erfahrungen mit unterschiedlichen Networking-Tools eher durchwachsen. Da man aktiv teilnehmen muss, ist die Bereitschaft geringer als bei realen Events, bei denen man viel schneller und situativer in Gespräche verwickelt wird und neue Menschen kennenlernt. Wir sehen jedoch eine Chance, die Bereitschaft durch bewusst eingeplante Zeitslots zu erhöhen, in denen kein Programm stattfindet, sondern die Teilnehmer:innen Zeit haben, den Networking-Bereich zu wirklich nutzen. Welche Erfahrungen hast Du mit Networking Tools gemacht? Teile das gerne in den Kommentaren – für uns ist dieser Input nämlich besonders wertvoll.
Die Nachbereitung des Events
Die Arbeit der Regie endet einerseits damit, dass der Stream per Knopfdruck beendet wird. Da diese Rolle aber auch häufig mit der Rolle der Organisator:in verschmilzt, möchte ich hier noch auf die Nachbereitung des Events bzw. der Zusammenarbeit mit den Beteiligten eingehen. Wenn ein Event vor Ort stattfindet, kannst Du beim After-Show-Event auf alle zugehen, Dich bedanken und evtl. noch Feedback geben oder einholen. Bei einem Stream ist das leider nicht so einfach – aber dennoch sehr wichtig zum Abschluss der Zusammenarbeit. Deswegen zähle ich es auf jeden Fall zur Aufgabe der Regie dazu, sich noch einmal im Nachhinein bei den Speaker:innen zu melden, nachdem sie den meisten Kontakt mit der Regie hatten. Dazu gehört beidseitiges Feedback besprechen und ggf. eine kleine Aufmerksamkeit für die beteiligten Personen zu organisieren. Denn nach dem Event ist (zumindest auf dem hallo.digital Campus) direkt wieder vor dem Event – die Planung kann nur mit echtem Feedback verbessert werden, dass Du dir von Teilnehmer:innen und beteiligten Personen einholst, nimm Dir dafür also gerne genügend Zeit.
Ich hoffe, ich konnte Dir einen guten Einblick hinter die Kulissen eines virtuellen Events bieten. Über welchen Aspekt von virtuellen Events möchtest Du gerne noch mehr erfahren? Lars hat zum Beispiel schon über die Vorbereitung eines Roundtables berichtet – welchen Teil eines virtuellen Events und dessen Planung möchtest Du als nächstes kennenlernen? Schreib Deine Fragen gerne in die Kommentare oder schau bei einem unserer nächsten Events vorbei und sprich mich direkt darauf an. Ich bin gespannt!